Von den Prozessen einer privaten Spezialbibliothek

von Maria von Loh

Abbildung 1: Die Prozesslandkarte und ein Prozessdiagramm der Commerzbibliothek (Quelle: Maria von Loh)

In kleinen Bibliotheken müssen wenige Mitarbeitende gemeinsam das ganze Spektrum der Bibliotheksarbeit bewältigen. Die Nutzenden erwarten wiederum die immer gleiche Servicequalität, unabhängig davon, ob sie gerade einer Bibliothekarin oder einer studentischen Hilfskraft gegenüberstehen. Um den Überblick in der unübersichtlichen Vielzahl von Aufgaben zu behalten, hat sich die Commerzbibliothek der Handelskammer Hamburg dafür entschieden, die Standards für ihre Arbeit mit Hilfe von Prozessmanagement aufzuzeichnen. Das im Folgenden beschriebene Projekt zeigt die ersten Schritte dieses Vorhabens.

Idee
Bereits seit mehreren Jahren setzt die Commerzbibliothek der Handelskammer Hamburg (HKHH) Qualitätsmanagement ein, das für bestimmte Tätigkeiten feste Vorgaben und Leitlinien definiert. Davon betroffen sind vor allem Aufgaben, die budgetär wirksam sind oder von allgemeingültigen Regelungen abweichen. Im Alltag hat sich allerdings zunehmend herausgestellt, dass die Mitarbeitenden Aufgaben unterschiedlich ausführen oder eine Urlaubsvertretung sehr langen individuellen Vorlauf braucht. So kam es den Mitarbeitenden sehr gelegen, dass die HKHH Prozessmanagement einführen möchte. Zu Beginn wurden von allen Abteilungen Vorschläge zu dem Thema eingefordert, woraus das Projekt BPM@Cobi entstand. Es soll sich in einem ersten Schritt mit der Entwicklung einer Prozesslandkarte und einer Abbildung der grundlegenden Prozesse der Commerzbibliothek beschäftigen. Außerdem soll die Chance genutzt werden, das bestehende QM-Handbuch zu überarbeiten und gleichzeitig verbindliche und einheitliche Standards für alle Tätigkeiten zu definieren.

Durchführung
Zu Beginn des Projektes BPM@Cobi existierte bereits eine Prozesslandkarte und drei Prozessdiagramme aus einem älteren Vorläufer-Projekt. Zunächst wurde das neue Projekt grob geplant, die Mitarbeitenden für dessen Durchführung gewonnen und Workshops terminiert. Die unfertige Landkarte wurde in dem ersten Workshop überarbeitet und daraus die weiteren Inhalte für das Projekt abgeleitet.

Abbildung 2: Von der alten zur neuen, finalen Prozesslandkarte (grün hinterlegt sind solche Prozesse, die im Rahmen des Projektes bearbeitet wurden) (Quelle: Maria von Loh)

Daraus entstanden sind 11 einstündige Prozess-Workshops. In diesen wurde jeweils ein Prozess mit Hilfe der Post-It-Methode aufgezeichnet, sowie die Verantwortlichkeiten und Zusammenhänge dokumentiert. Nach dem Workshop wurden die Entwürfe in die Prozess-Engine Signavio mit Hilfe der Notation BPMN 2.0 übertragen. Im Weiteren erhielten die Workshopteilnehmenden Zugang zu den Diagrammen und konnten diese kommentieren. Nachdem auch die so mitgeteilten Änderungswünsche eingearbeitet waren, konnten alle Mitarbeitenden die Ergebnisse einsehen und sich untereinander auf diese verständigen. Nach einem abschließenden Review wurden die Prozesse in der Landkarte verlinkt und für das ganze Haus veröffentlicht. Sie erhalten dadurch ihre Verbindlichkeit für die Arbeit in der Commerzbibliothek.

Abbildung 3: Von Post-It-Whiteboard zum fertigen Prozess-Modell am Beispiel des Prozesses „eBook-Anfragen bearbeiten“ (Quelle: Maria von Loh)

Fazit und Ausblick
Das Ergebnis des Projektes sind insgesamt 17 vollständig modellierte, geprüfte und sinnvoll verbesserte Prozesse. Sie beschreiben die wesentlichen Aufgaben der Bibliothek auf eine einfach lesbare und dennoch informative Art. Zusätzlich in den Prozessen hinterlegte Informationen unterstützen während der Nutzung und dienen gleichzeitig als Nachschlagewerk. Die Prozessaufnahmen in kleinen Workshops mit wenigen Mitarbeitenden hat sich für dieses Projekt als sehr produktiv erwiesen. Es konnten alle Zielvorgaben eingehalten werden.

Die Bibliotheksmitarbeitenden sind von der Einfachheit, Verständlichkeit und Nutzbarkeit der Prozesse begeistert. Sie schätzen vor allem die unterstützende Wirkung, die ein Prozessdiagramm auf eine Diskussion entfalten kann. Eine solche Form der Visualisierung von Aufgaben und auch Problemen bringt alle Beteiligten auf einen Wissensstand und ermöglicht es, gezielt Fallstricke anzugehen. Sie haben daher von sich aus beschlossen, in der zweiten Hälfte des Jahres den zweiten Teil des Projekts zu starten. Es ist geplant, bis Ende 2022 alle grundlegenden Prozesse zu übertragen und vollständig zu dokumentieren.

 

Projektzeitraum: März 2021 bis August 2021
Projektbetreuer*in: Prof. Dr. Simone Fühles-Ubach
Kontakt: maria.vonloh@gmail.com

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