Ein Erwerbungsprofil für die Bibliothek eines Landeskirchlichen Archivs

von Christoph Nonnast

Abbildung 1: Aufstellung der Bibliothek des Landeskirchlichen Archivs in Rollregalen im Magazin (Quelle: Christoph Nonnast)

Erwerbungsprofile haben viele Vorteile: Sie stellen Transparenz her über Selbstverständnis, Sammelgebiete, Ziele und organisatorische Zuständigkeiten von Bibliotheken. Mitarbeitende, Nutzer*innen und Geldgebende können sie gleichermaßen nutzen. Impliziten Wissen wird explizit gemacht, die Kohärenz der Erwerbungen bleibt auch bei Personalfluktuation hoch, der Fokus wird auf die zentralen Aufgaben gelenkt. Trotzdem besitzt nur eine Minderheit der deutschen Bibliotheken ein schriftlich fixiertes Erwerbungsprofil. Neben dem Tagesgeschäft finden besonders kleine Bibliotheken oft kaum Zeit für konzeptionelle Arbeit. Das Landeskirchliche Archiv der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands in Eisenach hat dagegen für seine Dienstbibliothek in einem mehrstufigen Prozess erstmals ein Profil fixiert und dabei auch gleich den Erwerbungsworkflow optimiert, um die Bibliothek neu aufzustellen und qualitativ zu verbessern.

Am Anfang stand eine Zielstellung: kein Sammlungs- sondern ein Erwerbungsprofil sollte entstehen, also auf die Zukunft ausgerichtet, nicht auf umfangreiche Korrekturen am vorhandenen Bestand. Außerdem sollte der Erwerbungsworkflow der kleinen wissenschaftlichen Bibliothek professionalisiert werden, ohne zu arbeitsintensiv zu werden.

Der Weg zu sinnvollen Sammlungsschwerpunkten begann mit der Identifizierung der Zielgruppen der Bibliothek und von deren jeweiligem Informationsbedarf. Als solche definiert, wurden die Mitarbeiter*innen selbst sowie die Benutzer*innen, die bei der Bearbeitung bzw. Benutzung des Archivguts und der im Haus gesammelten historischen Pfarrbibliotheken mit Fachliteratur unterstützt werden sollen. Daraus ergab sich eine erste Skizze von relevanten Sachgebieten.

Nun folgte eine Reihe methodisch breit gestreuter Schritte, um die Qualität des entstehenden Sammlungsprofils zu verbessern:

      1. Schriftliche Befragung von sechs vergleichbaren Institutionen – größere kirchliche Archive sowie Staatsarchive, alle mit angeschlossener Dienstbibliothek – nach ihren Sammlungs- bzw. Erwerbungsgrundsätzen. Alle meldeten sich mit mehr oder minder detaillierten Angaben zurück.
      2. Führung von strukturierten Kurzinterviews mit den Mitarbeiter*innen in Archiv, Nutzerbetreuung und Bibliothek zu ihrer eigenen Bibliotheksnutzung und – mangels detaillierter Nutzungsstatistiken – derjenigen der Benutzer*innen.
      3. Sichtung von Fachliteratur zu Sammlungs- und Erwerbungskonzepten sowie zu Bibliotheken an Archiven.
      4. Recherche zu den Sammlungsschwerpunkten geographisch benachbarter Institutionen, um mögliche Überschneidungen zu identifizieren und parallele Sammeltätigkeit zu vermeiden.
      5. Für die Optimierung des Erwerbungsprozesses: Analyse des aktuellen Prozesses und Vergleich mit den best practices der Fachliteratur, die sich allerdings auf große Bibliotheken beziehen.

Aufgrund der Rückmeldungen und Rechercheergebnisse konnte die ursprüngliche Skizze erweitert, vertieft und z.T. verändert werden, die inhaltlichen Akzente verschoben sich leicht. Ergebnis war ein voll ausformulierter Entwurf. Dieser wurde an die Hausleitung sowie die Mitarbeiter*innen mit archivischen und bibliothekarischen Tätigkeiten versendet und schriftliches Feedback zur Verbesserung eingeholt. Das danach nochmals in einigen Punkten abgewandelte fertige Erwerbungsprofil ist inzwischen in Kraft gesetzt und im Intranet hinterlegt worden.

 

Projektzeitraum: Mai 2023 – September 2023
Projektbetreuer*in: Prof. Dr. Siegfried Schmidt
Kontakt: christoph.nonnast@ekmd.de

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