Achtung: Index! Deutschsprachige theologische Literatur des Index librorum prohi-bitorum in der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek Köln. Eine Bestandsaufnahme mit Überlegungen zu ihrer Nachnutzung

von Benjamin Heu

Abbildung 1: Schmutztitel von Karl Pelz: Der Christ als Christus, mit Hinweis „Achtung: Index!“ (Quelle: Benjamin Heu | Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln)

Untersuchungen zur Rezeptionsgeschichte des berühmten Index librorum prohibitorum, dem Verzeichnis der durch die Katholische Kirche verbotenen Bücher, gibt es kaum. Ein Schritt zur Erforschung der Rezeption an kirchlichen Bibliotheken wurde im Rahmen eines mehrmonatigen MALIS-Projektes unternommen.  

Abbildung 2: Titelblatt von Otto Karrer: Gebet, Vorsehung, Wunder, mit radiertem Hinweis „Index! (Oss. Rom.)“ (Quelle: Benjamin Heu | Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln)

Woher wussten Nutzende oder Bibliotheksmitarbeitende, dass ein Buch indiziert ist? Durch eine Recherche im Zettelkatalog oder einen Bucheintrag? Und welche indizierte Literatur wurde überhaupt in der jeweiligen Sammlung vorgehalten?Wie das an dieser Stelle herangezogene Beispiel der Kölner Diözesan- und Dombibliothek zeigt, ist eine Beantwortung dieser Fragen komplexer als gedacht. Für das Projekt wurden daher mehrere Einschränkungen vorgenommen und folgende Leitfragen formuliert: Welche deutschsprachigen theologischen Werke finden sich in zeitgenössischen Ausgaben bis zur Aufhebung des Index 1966 im Bestand der Kölner Diözesan- und Dombibliothek? Lässt sich rekonstruieren, wann und in welcher Form sie Teil des Bibliotheksbestandes wurden? Wird auf die Indizierung der jeweiligen Werke hingewiesen?

Die Bestandssichtung erfolgte in mehreren Stufen und ihre Ergebnisse wurden hinsichtlich ihrer Besonderheiten tabellarisch erfasst. Anhand einer modernen Edition konnte zunächst eine Liste der in Frage kommenden Titel erstellt werden. Diese wurden anschließend im OPAC der Bibliothek und im Zettelkatalog recherchiert. Von diesen Werken konnten danach im Bestand der Bibliothek alle bis 1966 erschienenen Ausgaben und Auflagen identifiziert werden. Mit der ergänzten Werkliste wurde schließlich eine Autopsie der einzelnen Exemplare vorgenommen.

Abbildung 3: Katalogkarte zu Anton Vogrinec: Nostra maxima culpa! (2. Auflage), mit Hinweis „Index!“ unten links (Quelle: Benjamin Heu | Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln)

Wenig überraschend fanden sich viele indizierte Werke in unterschiedlichen Ausgaben im Bestand der Diözesan- und Dombibliothek. Von den 274 deutschsprachigen, theologischen oder theologienahen Werken des Index konnten 122 Titel in 184 Exemplaren nachgewiesen werden. Hinsichtlich des Bearbeitungszeitraums der Bücher und ihrer Katalogisierung konnte bei aller Unschärfe zumindest nachgewiesen werden, dass knapp 72 Prozent dieser 184 Bücher bis 1966 eingearbeitet wurden. Für rund 42 Prozent konnte eine Geschenk-Akquisition oder eine andere Provenienz festgestellt werden. Nach 1966 sind jedoch offenbar nur noch 41 der Bücher bearbeitet worden.

Angesichts dieser Menge an „verbotener“ Literatur war das dritte Projektergebnis dagegen sehr verblüffend: Nur bei fünf Werken – die zudem alle im 20. Jahrhundert verboten wurden – konnte ein Hinweis auf ihr Verbot im Buch oder auf der Katalogkarte gefunden werden, davon in einem Exemplar mutmaßlich nicht durch die Bibliothek selbst!

Abbildung 4: Titelblattrückseite von Nivard Schlögl: Die heiligen Schriften des Neuen Bundes, mit Hinweis „auf den Index libr. prohib. gesetzt am 16. Nov. [undeutlich] 16.I.22″ Hinweis wahrscheinlich von Alfred Wikenhauser (Quelle: Benjamin Heu | Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln)

Für eine Nachnutzung dieser Ergebnisse sind verschiedene Formate denkbar, die im Rahmen des Projektes jedoch nicht mehr explizit aufgegriffen werden konnten. Exemplarisch seien eine Ausstellung und eine Unterseite der Homepage analog zu den Sondersammlungen genannt. Die Untersuchungen müssten zunächst aber in mehrere Richtungen erweitert werden – unter Berücksichtigung nicht nur der deutschsprachigen Titel, sondern auch weiterer Quellen, etwa des Diözesanarchivs und der Praxis anderer Bibliotheken. Für Köln jedenfalls legt das Projektergebnis nahe, dass man es mit der Identifizierung und Kenntlichmachung verbotener Werke nicht so genau genommen zu haben scheint.

 

Projektzeitraum: März 2024 – August 2024
Projektbetreuer*in: Prof. Dr. Siegfried Schmidt
Kontakt: benjamin.heu@erzbistum-koeln.de

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