von Andrea Ammendola, Juliane Fendel und Johannes Graupe
Veränderungen erfordern strategische Planung und für das Gebäude der öffentlichen Zentralbibliothek der Stadt Köln am Neumarkt ist in den kommenden Jahren eine Generalsanierung vorgesehen. Vor diesem Hintergrund steht die Stadtbibliothek Köln mehr als sonst vor der Herausforderung, heute die Bibliothek für morgen zu planen. Für die Musikbibliothek soll jetzt eine eigene Strategie entwickelt werden und in diesem Rahmen startete die Leitung der Stadtbibliothek Köln im Oktober 2018 ein Strategieprojekt für die zukünftige Musikbibliothek mit einer MALIS-Projektgruppe der TH Köln, das vom 01.09.2018 bis zum 30.06.2019 dauerte und von Frau Prof. Dr. Simone Fühles-Ubach betreut wurde.
Vorarbeiten: Umwelt-, Umfeld- und Ist-Analyse
In Anlehnung an das Strategie-Modell von Pillkahn (vgl. Abb. 1) [1] erarbeitete die Projektgruppe einen umfassenden Blick auf die aktuellen Entwicklungen, lokale Gegebenheiten und den Ist-Zustand der Musikabteilung.
Bei der Analyse der musikbibliothekarischen Umwelt im In- und Ausland ergaben sich drei große Entwicklungslinien, die die Arbeit einer Musikbibliothek in den nächsten Jahren vermutlich bestimmen werden: Veränderungen der Hörgewohnheiten von Konsumenten und Entwicklungen der Musikindustrie beeinflussen sich gegenseitig und diversifizieren die Speicherarten und Vertriebswege von Musik. Makerspaces bzw. Musicspaces entstehen immer öfter in Musikbibliotheken, wodurch die musikalische Praxis in den Vordergrund tritt. Den stärksten Wandel erzeugt die Digitalisierung. Neben den genannten Punkten verändert sie von der Notation über die Aufführung und Verbreitung alle Bereiche der Musik.
Die auf die Stadt Köln zugeschnittene Umfeldanalyse auf der lokalen Mikroebene zeigte, dass das Musikleben in Köln von äußerst verschiedenen Protagonisten geprägt wird. Diese unterscheiden sich v. a. in der Größe, der musikalischen Ausrichtung und der Zielgruppe. Die Stadtbibliothek Köln könnte sich diese Tatsache zunutze machen und eine bestimmte Zielgruppe aus den verschiedenen Szenen zur Grundlage eines neuen Themenschwerpunktes machen – hier entweder in einer der sechs Sparten der freien Musikszene (= Alte Musik, Elektronik & Klangkunst, Globale Musik, Jazz, Klassik und Neue Musik), in der Kirchenmusik oder mit Blick auf die musikalische Erziehung.
Zum Projektbeginn im Oktober 2018 händigte die Bibliothek der Projektgruppe interne Daten zur Untersuchung aus, die sich auf die Musikabteilung der Zentralbibliothek beziehen. Einerseits handelt es sich um Statistiken, die Entwicklungen der Jahre 2008 – 2017 aufzeigen, andererseits um zwei Stichprobentage im November 2018. Aus den erhobenen Stichproben geht hervor, dass Erwachsene und Studierende die Hauptzielgruppen und jüngere Nutzer nur vereinzelt vertreten sind. Die einzelnen Zielgruppen und Altersklassen sind unterschiedlich stark an den verschiedenen Bestandsgruppen interessiert. Insgesamt geht die Nutzung von Büchern und Noten in letzter Zeit zurück, die von Tonträgern steigen.
SWOT-Analyse und Zukunftswerkstatt
Den Vorarbeiten folgte mit mehrmonatigem Abstand ein ganztägiger Workshop. Die Ergebnisse der Vorarbeiten wurden dem Projektteam der Stadtbibliothek vorher präsentiert und einer achtköpfigen Expertengruppe aus dem musikalischen Umfeld Kölns (Rheinische Musikschule, WDR-Notenarchiv, Initiative Kölner Jazz Haus e.V., KölnMusik GmbH, NRW Musikarchiv, Oratorienchor Köln, Hochschule für Musik und Tanz, Gebärdenmusik) zur Verfügung gestellt.
Zum Auftakt des Workshops wurde gemeinsam mit den Mitarbeitern der Stadtbibliothek Köln eine SWOT-Analyse durchgeführt, d. h. eine Sammlung und Erörterung der derzeitigen Stärken und Schwächen der Stadtbibliothek sowie der Einschätzung zukünftiger Chancen und Risiken.
Dem folgte eine Zukunftswerkstatt mit den Mitarbeitern der Stadtbibliothek und dem Expertenteam. Sie war in drei Phasen untergliedert (vgl. Abb. 2): In der Startphase wurde Kritik am aktuellen Zustand gesammelt, um die drängendsten Veränderungsfelder zu identifizieren. Die anschließende Utopie sollte die bestmögliche vorstellbare Situation beschreiben, ohne sich von bestehenden Rahmenbedingungen limitieren zu lassen. In der Praxisphase wurde dann nach Wegen gesucht, um die Idealvorstellung zu realisieren. Auf diese Weise wurde das Problembewusstsein gestärkt, Zielvorstellungen entwickelt und praktische Ansätze zu deren Erreichung vereinbart. Dabei waren die unterschiedlichen Perspektiven von Mitarbeitern und Externen sehr anregend.
Strategie-Entwicklung
Den letzten Schritt zur Strategieentwicklung wird die Leitung der Stadtbibliothek Köln mit den Mitarbeitenden der Musikbibliothek auf der Grundlage der vorgelegten Analysen und Ausarbeitung intern gehen. Als Vorgehen zur strategischen Steuerung wird das Modell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) [2] zum Einsatz kommen, das bereits im Jahr 2009 für die gesamte Stadtbibliothek Köln genutzt wurde, als man den Strategieentwicklungsprozess anstieß. Es unterscheidet vier Ebenen, zwischen denen Wechselwirkungen bestehen und die jeweils strategische Leitfragen beinhalten (vgl. Abb. 3):
Es bleibt also abzuwarten, welche strategischen Entscheidungen die Stadtbibliothek Köln für ihr zukünftiges Musikangebot trifft.
[1] Pillkahn, Ulf: Trends und Szenarien als Werkzeuge zur Strategieentwicklung. Wie Sie die unternehmerische und gesellschaftliche Zukunft planen und gestalten. Erlangen: Publicis Corp. Publ. 2007 (Siemens), S. 85.
[2] Heinz, Rainer: Kommunales Management. Überlegungen zu einem KGSt-Ansatz. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag. 2000.
Projektzeitraum 01.09.2018 bis 30.06.2019