von Rieke Paetsch-Saleh
https://doi.org/10.59350/2h0nb-7yq46

„Was machen wir eigentlich mit Holly?“ – „Wir könnten ihn doch einfach verleihen!“
Holly, das ist der inoffizielle Name eines faltbaren Bollerwagens, der seit 2020 als ungeliebtes Büro-Accessoire sein Dasein in der Lebendigen Bibliothek Bottrop fristet. Während der Corona-Pandemie gekauft, um die Bevölkerung in Parks und Grünanlagen mit Literatur zu versorgen, blieben seine Aufgabenbereiche anschließend überschaubar. Zuletzt chauffierte er Rabe Socke, Winnie Puh, Tigger, eine zwei Meter lange Schlange sowie ein Rudel Dinosaurier zur Reinigung. Dies sollte so nicht bleiben! Der Grundstein für eine Bibliothek der Dinge war gelegt.
Holly symbolisiert die potenzielle Nutzung vergessener Ressourcen und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der letzte Gegenstand, der mit hohen Zielen angeschafft und dann vergessen wurde. Das Konzept der Bibliothek der Dinge ist eine Antwort auf moderne Anforderungen wie Nachhaltigkeit und ressourcenschonenden Konsum, indem es das traditionelle Bibliotheksmodell um den Verleih von Dingen erweitert. Durch die Mehrfachnutzung von selten gebrauchten Gegenständen wird ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet und Fehlkäufe reduziert, aber auch soziale Teilhabe gefördert. Dies steht in direktem Zusammenhang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, die 2015 von den Vereinten Nationen beschlossen wurden.
Projektziel war es also, ein umfassendes Konzept zur Einführung einer Bibliothek der Dinge zu erarbeiten und dies so weit wie möglich umzusetzen. Trotz finanzieller Herausforderungen und komplexer Verwaltungsstrukturen konnten zentrale Elemente des Projekts umgesetzt werden. Dazu zählen Erwerbungs- und Katalogisierungsrichtlinien, Ausleihkonditionen, Finanzierungsmöglichkeiten sowie die Präsentation und Sicherung. Im Wesentlichen gilt es einen pragmatischen Ansatz zu verfolgen, der sicherstellt, dass die Dinge von so vielen Nutzer:innen wie möglich ohne großen Aufwand ausgeliehen werden können. So sollte z.B. nur bei besonders wertigen oder gefährlichen Dingen eine Altersbeschränkung angewendet werden.
Wichtige Projektschritte waren die Einbeziehung der Kund:innen, der Austausch mit Bibliotheken in NRW und die Zusammenarbeit mit städtischen Ämtern zur Kosteneinsparung (z.B. bei der Möblierung). Um Fehlinvestitionen zu vermeiden und die Idee der Bibliothek als Gemeinschaftszentrum aktiv umzusetzen, wurde eine Umfrage durchgeführt. Über 700 Rückmeldungen zeugen vom großen Interesse der Bottroper:innen am Teilen, besonders in den Bereichen Handwerk und Haushalt; Feuchtigkeitsmesser und Polsterreiniger waren besonders gefragt. Über 180 positive Antworten gaben weiter Einblick in Wünsche und Bedürfnisse und boten zugleich eine solide Erwerbungsgrundlage, die durch zusätzliche Richtlinien (unter 300 Euro, einfache Wartung, keine Berührung mit Lebensmitteln) weiter reguliert wurden.
Ein Blick in die Zukunft zeigt vielfältige Erweiterungsmöglichkeiten: Kooperationen mit Repair Cafés und Vereinen, Workshops zur Nutzung der Dinge (Bürger:innen als Multiplikator:innen) oder eine Saatgutbibliothek könnten folgen. Gedöns für alle! soll ab Januar 2026 in Bottrop verfügbar sein. Zu diesem Zeitpunkt sind noch die Verabschiedung der neuen Benutzungsordnung, die Fertigstellung des Regals mit Schließfächern und die Prüfung durch den Fachbereich Finanzen ausstehend, die maßgeblich die Realisierung beeinflussen.
Projektzeitraum: April 2025 – August 2025
Projektbetreuer*in: Prof. Dr. Inka Tappenbeck
Kontakt: rieke.paetsch-saleh@bottrop.de
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